Leukämie ist Scheiße! Teil 45

Alles neu, macht der Juni…

Der 1.6. ist ein Donnerstag – zum High Noon bin ich in die HERA bestellt, um meinen schon weit gediehenen Dritten abdruckmäßig den letzten Schliff zu verleihen.

Am Freitag, 2.6. bekomme ich Blutkonserven infundiert was schon äußerst nötig war – diesmal geht’s ausnahmsweise schnell.

Zurück im Garten finde ich die beste Sissi von allen natürlich beim Hackeln vor – bewaffnet mit Kellen, Spachteln,  Pinseln, Bürsten und anderem Werkzeug rückt sie der weißen Fassade zu Leibe, bessert Blaufärbiges aus, beschäftigt sich simultan mit mehreren Arbeiten gleichzeitig; Erfolge sind da und dort schon zu sehen. Bis Pfingstsonntag werde ich im Garten nächtigen, immer präsent falls Sissi Assistenz braucht.

Am Pfingstmontag erhält Sissi einen unerwarteten Anruf: es ist Frau Dersch, die das Ableben ihres 58-jährigen Ehemannes zur Kenntnis bringt. Als ich dem Rudi Dersch samt seiner Gemahlin (die er liebevoll „Mein Bärchen“ nannte) zum letzten Mal im AKH begegnete, war er fröhlich und guter Dinge. Die bereits geplante Stammzellentransplantation war zwar ins Wasser gefallen, weil der erforderliche kompatible Spender nicht mehr zur Verfügung war, aber alles werde sich finden, sagte Rudi voll Zuversicht.
Als ich aus diesem Grund den Professor Sperr bei einer Gelegenheit gefragt hatte, ob ich denn auch ein Kandidat für eine Stammzellentransplantation sei, erhielt ich die Auskunft, mein Fall sei „grenzwertig“, auch eine Frage des Alters….
Mit dem nunmehrigen Wissensstand bin ich froh, mir eine einschlägige Entscheidung erspart zu haben. Für Rudi wurde doch noch einen Spender gefunden, die Stammzellen wurden transplantiert, er war auch kurz am Wege der Besserung… bevor in seinem Körper nach und nach alles zusammen brach und er sechs Wochen lang in der Intensivstation gepflegt werden musste, bis man der Sinnlosigkeit aller technischen lebenserhaltenden Maßnahmen zur Kenntnis nahm und dieselben abdrehte.
Möge Rudi in Frieden ruhen… alles Gute für seine Ulli und die beiden Söhne!

Dienstag nach Pfingsten, am 6.6. war Großkampftag auf Station 6I; schon bei der Leitstelle warteten zwei lange Schlangen, entsprechend lang dauerte es bis zum Aufruf zur Blutentnahme. Laut Professor Sillaber ist das Blutbild ganz ok; Erys werden für Freitag auf Abruf bestellt. Ich möge aber nur  erscheinen wenn ich es für notwendig erachte, andernfalls erst in der Folgewoche.                     

Um 22h00 gehen Jago und Emma noch mit mir Gassi. Der angekündigte Sturm ist ausgeblieben, aber die Temperatur ordentlich zurückgegangen. Freundlicher Weise lassen mich die Hundsis von der Leine, Schmankerl kriege ich aber keins.

Der nächste Vormittag ist nach der Entleerung der Hundsis verschiedenen Besorgungen gewidmet (Billa, Apotheke, Schuster, Trafik), was mir ganz recht ist, weil unsere liebe Luca ist da, und das Geräusch eines Staubsaugers habe ich schon immer schlecht vertragen.

Zwischenzeitig hat Sissi einen Anruf von Soziales Wien erhalten: eine Wohnung für Norbert-Opa im Haus Prater wäre schon verfügbar, was uns aber zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht wirklich passt. Über Sissis Ersuchen wird das Projekt vorläufig einmal verschoben bis Ende August.

Ein weiteres langes Telefonat führt sie mit dem Finanzamt wegen Eriks Familienbeihilfe. Vorangegangene Korrespondenzen haben alle Klarheiten beseitigt, niemand kennt sich aus. Ergebnis des Gesprächs bringt die Erkenntnis, dass die Behörde Nachweise über bestandene Prüfungen wünscht, ein Wunsch, von dem wir nicht wissen, ob er erfüllbar sein wird. Jetzt ist Erik gefordert, finden doch bei der Berufsberechtigungs-Matura ALLE Prüfungen erst am Ende des Schuljahres statt, nicht zwischendurch… dies dürfte sich beim Finanzamt noch nicht ganz durchgesprochen haben.

Am 8.6. findet in der Local-Bar das Konzert des Hermann Posch Trios mit Zach Prather statt.
Leider ist die Gästezahl überschaubar, die sehr gelungene Performance hätte sich mehr Besucher verdient. Wenigstens habe ich Gelegenheit, ausgiebig mit Zach zu plaudern. Obwohl er schon seit etwa 20 Jahren in der Schweiz lebt und mit einer Schweizerin verheiratet ist, erinnert er sich noch lebhaft an alte Zeiten in Chicago, besonders über die Zusammenarbeit mit der Legende Willie Dixon. „Rosa’s Lounge“ kennt er natürlich, hat dort aber niemals gespielt. In den letzten Jahren war er öfter in den USA, meist aber eher in Kalifornien als in Illinois.

Tags darauf finde ich mich schon wieder um 10h00 im AKH 6I wegen eines Blutbefunds ein – dieser ergibt wenig erfreuliche Erys (6,9) und Thrombos (3), daher heißt es wieder einmal die bestellten Roten abrufen und zusätzlich Gelbe anfordern.

Zum High Noon habe ich jedoch Termin in der Zahnklinik HERA, um meine neuen, erst jetzt fertig gewordenen Dritten in Empfang zu nehmen. Also schlage ich der AKH-Tagesklinik vor, erst nach meiner Rückkehr einzuchecken… also begebe ich mich wieder auf die Reise.
Pünktlich treffe ich in der HERA ein und muss nicht lange warten, bis ich aufgerufen werde. Chef-Prothetikerin Dr. Godeva (nein, NICHT Lady Godiva) setzt mir die Dinger ein und ist offenbar zufrieden und stolz, was sie und die Techniker zu Stande gebracht haben. Alsbald merke ich, dass ich auf beiden Seiten des Kiefers Biss habe, was mit meinen alten Prothesen niemals der Fall war. Die Frau Doktor schärft mir ein, den Zahnersatz unbedingt auch nächtens zu tragen; Haftmittel seien verboten, hätten unter den dicht anliegenden Prothesen auch keinen Platz. Im Fall von Problemen wie zum Beispiel Druckstellen möge ich unverzüglich ohne vorgemerkten Termin erscheinen.

Kurz nach 12:00 bin ich zurück im AKH und checke in der Tagesklinik 18J ein. Beide Infusionen treffen überraschend bald ein und ich bin schon um halb drei mit allem fertig. Hurra… bleibt mir noch ein Drittel des Tages ohne ärztliche Gesellschaft! 

 

6 Kommentare

  1. Lieber Werner!
    Danke für die lieben Worte, die Du immer über Rudi schreibst. Trotz unterschiedlichster Interessen hattet ihr doch eine kurze, aber sehr schöne und wertschätzende Freundschaft. Rudi hat oft nach dir gefragt und wollte immer wissen, wie s dir geht.
    Danke für deine lieben Wünsche und Danke deiner Sissy für das Gespräch.
    Alles Gute für dich, ich werde weiterhin ab und zu in deinen Blog hineinschauen.

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