Leukämie ist Scheiße! Teil 34

Someone is erasing a drawing of the human brain…

 

 

 

 

 

 

…Alzheimer aber auch!

 

 

Der 11. April ist ein Dienstag. Ich stehe zeitig auf, weil noch einiges zu erledigen ist, bevor ich die beste Sissi von allen aus dem Garten hole, die dort wie immer auch ein paar „Kleinigkeiten“ zu erledigen hat. En passant schauen wir noch beim Merkur vorbei, um einige Sachen einzukaufen. Ungeplant wächst uns auch eine gegrillte Stelze zu, die wir später in aller Gemütlichkeit verzehren, natürlich nicht ohne Senf und Kren.

Am Abend fahren wir in den Reigen zu Paul Lamb & The King Snakes – wir genießen ein phänomenales Konzert und nette Gespräche mit den Musikern (siehe Bericht auf blues.at), aber geschlaucht ist geschlaucht, es lebe die Gartenarbeit…

Mit Sissis Vater wird es leider immer schlimmer. Für den 13. hatten wir ihn zum Spargelessen eingeladen, seine Gefährtin Lena war bei ihrer Familie in Attnang. Wieder schafft er es, unsere Wohnung auf Anhieb zu finden, pünktlich um 12h30 läutet er beim Haustor. Nach Mittagessen und Jause fahre ich unsere Hundsis zu Regina und nehme Norbert-Opa zur U-Bahn mit.

Mein Blutbild am folgenden Tag (Karfreitag) ist ganz ok, Professor Sillaber ist zufrieden. Als nächster Termin wird der 18.4. vereinbart und ich bin entlassen. Schon zu Mittag bin ich zu Hause und Sissi erzählt mir beiläufig, dass sie ihren Vater den ganzen Vormittag über telefonisch nicht erreichen konnte, weder am Handy noch am Festnetz. Es wäre zwar eh nur ein Routineanruf ohne  bestimmten Grund gewesen, aber sie macht sich dennoch wieder Sorgen – findet er das Festnetztelefon nicht, hat er vielleicht wieder einmal sein Handy irgendwo verloren – man weiß es nicht.

Sei es wie es sei – am 14. April um 13h00 läutet es an der Haustür. Wir schauen uns fragend an – nein, es wird niemand erwartet. Der Hörer der Gegensprechanlage gibt Bescheid: es ist Sissis Vater, der Norbert-Opa. Unsere erstaunte Frage beantwortet er mit „Wieso, ich sollte doch heute zum Essen kommen? Ah so, das war gestern?“, und als ob er beleidigt sei endet er mit „na gut, geh ich kann ja gleich wieder gehen“. Sissi besänftigt ihn sogleich – zum Glück hat sie – wie immer – ausreichend Fisch und Beilagen vorbereitet, sodass es auf eine zusätzliche Person neben Erik nicht ankommen wird. Schnell stelle ich ihm seinen gewohnten Gespritzten hin, und Sissi bittet zu Tisch.

Nach der üblichen Rast nach dem Essen und einer kurzen Kaffeejause wird die Frage „wohin am Nachmittag“ virulent. Dies ist insofern bedeutend, weil Norbert-Opa seinen Spaziergang samt frischer Luft braucht (üblicher Weise irgendwo im Prater), andererseits aber keine Ahnung hat,  wohin er sich in der ungewohnten Umgebung des vierten Bezirks wenden könnte. JA – auch der verstärkte „Bewegungsdrang“, die Rastlosigkeit ist eine der Auswirkungen der Alzheimer-Krankheit….

Glücklicher Weise habe ich sowieso vor, dem St.Marxer Friedhof anlässlich der Fliederblüte einen Besuch abzustatten, und ich nehme ihn einfach mit. Glücklicher Weise sind unsere Hundsis in Reginas Obhut, weil die hätten wir nicht mitnehmen dürfen. Nach kurzer Parkplatzsuche treten wir ein. Eine lange Erklärung, wo wir denn da sind und was wir da wollen, erspare ich mir, die vielen Rückfragen werden mich sowieso nerven…

„Wieso man hier niemanden mehr bestattet, wieso die meisten Grabinschriften fehlen, ob sich denn hier keine Angehörigen um die Gräber kümmern, wieso man so viele umgestürzte Grabsteine sieht, wieso sich dieser Friedhof insgesamt in so ungepflegtem Zustand befindet“ – diese und noch andere  Fragen habe ich -zigfach in fast regelmäßigen, immer kürzer werdenden  Abständen zu beantworten.

Nach etwa eineinhalb Stunden bringe ich ihn zur U-Bahn und bitte ihn um einen kurzen Anruf, sobald er zu Hause eingetroffen ist. Selbstverständlich ruft er nicht an. Morgen wird er keine Ahnung haben, wo er gestern war, und den Friedhof St.Marx kennt er nicht….   😐     

 

3 Kommentare

  1. Toll, dass ihr euch so sehr um „Opa“ kümmert. Ich verstehe nur zu gut, wie nervig Menschen mit Demenzerkrankung sein können. Ich habe das viele Jahre mit meiner Mutti erlebt. Hut ab liebe Simons, dass ihr das auch noch durchdrückts!!!!

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