Leukämie ist Scheiße, Freunde!
Prolog und Vorgeschichte
…“I sit alone in the darkness of my lonely room, and this room is a prison to me…“ (Elvis Presley, Jailhouse Rock).
Naja, so arg ist es nicht. Erstens bin ich nicht im Häfen, zweitens ist es nicht finster, und drittens bin ich nicht allein, weil ich mit Rudi D. einen kongenialen Zimmergenossen habe, der nicht nur die gleiche Krankheit hat wie ich, sondern Bankangestellter ist, so wie ich es einmal war. Obwohl wir sehr unterschiedliche private Interessen haben, finden wir ausreichend gemeinsame Gesprächsthemen und führen Schmäh auf ansprechendem Niveau; gemeinsames Lachen ist bekanntlich heilsam!
Aber zurück auf Feld eins: Bei der jährlichen, routinemäßigen Kontrolluntersuchung meiner nicht mehr vorhandenen rechten Schilddrüse wurde ein Leukozytenwert von 38.0 festgestellt, der Anfang November noch 3,8 gewesen war, man kann also von einem explosionsartigen Anstieg reden. Zwar weiß ich bis jetzt nicht wirklich, was diese Ziffern aussagen, sie dürften aber jedenfalls Gefahr signalisieren, denn meine Hausärztin Frau Dr. Gisperg fühlte sich veranlasst, mich sofort anzurufen und wegen einer Überweisung in die Blutambulanz des AKH in ihre Ordination zu bitten.
Weil mich zu dieser Zeit zusätzlich eine Angina mit starkem Halsweh und Schluckbeschwerden plagte, machte ich mich alsbald auf den Weg. Dr. Gisperg schaute besorgt drein und mir sogleich in den Hals, wo sie starke Rötungen vorfand. Zu diesem Zeitpunkt noch völlig ohne Arg hinsichtlich auf mich zu kommende Unerfreulichkeiten kam ich mit ihr überein, zunächst einmal ein paar Tage Antibiotikum zu schlucken und hinterher ein weiteres Blutbild machen zu lassen. In meiner Naivität war ich fest davon überzeugt, das Medikament würde die tepperten weißen Blutkörperchen schon zur Ordnung rufen. Oh Sancta Simplicita – das Gegenteil trat ein und veranlasste sogar die diensthabende Ärztin im Labor Dr. Berset, die beste Sissi von allen sofort bei Vorliegen des Ergebnisses anzurufen (ich hatte in meiner Eigenschaft als chronischer Handymuffel deren Nummer hinterlassen).
Die Leukozyten seien jetzt bei 51 irgendwas und sie möge mir ausrichten, ich müsse unverzüglich ins Spital, es sei Gefahr in Verzug. Dies geschah am 29.12.2015 und Sissi versuchte gleich nach meiner Rückkehr, einen Termin für den darauffolgenden Tag in der Blutambulanz des AKH auszumachen. Fast erwartungsgemäß gelang ihr das nicht; ich würde mich also am 30.12. ohne vorherige Vereinbarung bis spätestens 11h00 dort einfinden. In meiner blauäugigen Unbedarftheit dachte ich noch immer nicht an das, was mich alsbald wie ein Hammerschlag treffen wird…