Deja Vu
Bevor ich beginne, ein paar Nachträge zu Teil 53, alle meine netten Transporter betreffend:
Der asiatisch aussehende Sanitäter heißt Arnie, ist in Österreich geboren (daher sein ausgezeichnetes Deutsch), seine Familie stammt von den Philippinen. Unlängst war er der Chauffeur des SMD-Ambulanzautos, das mich beförderte.
UND – zweier weiterer weiblicher Sanitäter wurde ich ansichtig, eine davon ist sogar bei der Wiener Berufsrettung…
Einen vormaligen Zimmerkameraden habe ich bei Prof. Sillaber wiedergesehen. Selbiger ist freiheitlicher Abgeordneter zum Nationalrat und stammt aus Tirol. Laut eigener Aussage ist er nur deshalb bei der FPÖ, „weil er sich bei den Schwarzen keine Chancen ausgerechnet hat“. Wie ist das eigentlich mit Ideologien, Parteiabsichten und -programmen? Abgeschafft? Unnötig? Brauch‘ ma nimma?
Mittlerweile trifft dies bekanntlich auf etliche Mitglieder des hohen Hauses zu, Parteien werden gewechselt wie die Unterhosen. Hauptsache, die Karriereleiter ist nicht zu steil und die Dotierung passt. Es würgt mich a bissl!
Seit Tagen, wenn nicht seit Wochen vermisse ich die alte Dame mit dem Koffer. Über ihren Verbleib weiß ich nichts; hoffentlich ist sie ok, jemand hat sich um sie gekümmert und geholfen, denn in gutem Zustand war sie nicht mehr als ich sie zuletzt sah.
Am 6.9. kamen Regina und Allard von ihrer langen Reise durch Portugal zurück – über ihren Wunsch hatten wir unsere Hundsis am Abend schon zu ihnen in die Wohnung gebracht, wo Jago und Emma sich ja genauso zu Hause fühlen wie bei uns; bei der Begrüßung wäre ich gerne dabei gewesen!
Über Mittag war ich noch mit ihnen mit Norbert-Opa im Prater spazieren und in der „Gelsenbar“, die jetzt „Freude-Now“ heißt, auf ein Gulasch. Das Gespräch mit den vielen stereotypen Ansagen und Fragen lasse ich an dieser Stelle weg, muss aber zugeben, dass meine Frustrationstoleranz immer geringer wird. Alle fünf Meter ist das Wetter angenehm, auch wenn er mangels adäquater Kleidung friert, und alle zehn Meter will er wissen, wie oft mit den Hunden Gassi gegangen werden muss.
Grrr! Patientia! Auf Wienerisch: Geduid verloss mi ned!
Zwei Tage später besuchte uns Regina am Abend. Sie hatte viel zu erzählen – über die ersten Tage an der Fachhochschule und im Büro als Teilzeitbeschäftigte, die sie seit Beginn ihres Masterstudiums nun ist.
Natürlich berichtete sie auch vom Urlaub in Portugal, von dem sie sehr beeindruckt war. Fast alle vorher in das Reiseprogramm aufgenommenen Fixpunkte wurden besucht und genossen, 100% sind sich allerdings nicht ausgegangen und bleiben für das nächste Mal. Als alter Portugalfan bekam ich beim Zuhören leicht nostalgische Gefühle und etwas Sehnsucht – auch die beste Sissi von allen spitzte die Ohren. Zu unserer Zufriedenheit war keiner unserer Tipps vor dem Urlaubsantritt ein Flop, auch wenn sich seit unseren Reisen dorthin vieles verändert hat, leider nicht nur zum Besseren.
Wie ich schon erwähnt zu haben glaube, vertrage ich die einzelnen Chemotherapien unterschiedlich gut oder weniger gut. Der neunte Zyklus war am 23. August zu Ende gegangen und stellte sich alsbald als einer der weniger guten heraus. Bis Ende August ging es noch einiger Maßen, ab dem Beginn des September ging es laufend bergab. Die mir schon bestens bekannten Handicaps stellten sich wieder ein, nämlich bleierne Beine, Kurzatmigkeit schon bei geringer Belastung, Schwindel, Apathie und mehr.
Mein Puls bewegte sich ständig über achtzig mit Spitzen über hundert, und das Stoffwechselendprodukt war öfter pechschwarz. Schon am 8. September ging es mir elend, und tags darauf war es wieder so weit – mein Zustand machte mir Sorge, also rief ich gegen 17 Uhr den SMD zum Transport in die AKH-Notaufnahme. Sohn Erik war mit mir zu Hause und machte sich erbötig, mich zu begleiten. Die Herren Sanitäter ließen nicht lange auf sich warten, gemeinsam bestiegen wir das Rettungsfahrzeug, Erik zum ersten Mal in seinem Leben!
Zum Glück war wenig Betrieb, also dauerte es nicht lange, bis wir in den Raum A2 gerufen wurden. Der untersuchende Notfallmediziner erwies sich als sehr kompetent und genau. Die Blutanalyse ergab erwartungsgemäß schlechte Ergebnisse; obwohl ich am Vortag Rote und Gelbe (Erys und Thrombos) infundiert bekommen hatte, waren die Werte zurückgegangen. Der Arzt stellte mehr als die üblichen Fragen, betastete und beklopfte mich an mehreren Körperstellen und wollte wissen, ob es schmerzt. Dies war nicht der Fall, also sagte ich wahrheitsgemäß: „Nein, es tut nicht weh, ich spüre nur, dass Sie da sind“, was Erik mit immer breiterem Grinsen quittierte. Das EKG zeigte keine Auffälligkeiten; ob der Ultraschall etwas ans Licht brachte, weiß ich nicht. Dass ich Gallensteine habe, hatte ich schon vorher gewusst. Jedenfalls meinte der Herr Doktor, ich sei ein Fall für stationäre Aufnahme, er werde versuchen, ein Bett zu bekommen. Außerdem kontaktierte er die zuständigen Kollegen für Gastroskopie, denn das sollte dringend und bald gemacht werden.
Mir fiel ein Stein vom Herzen, als es gelang, mich auf der mir bestens bekannten Station 18I unterzubringen. Wir bedankten und verabschiedeten uns; auf einen Träger zu warten, war nicht notwendig, Erik würde mich im Rollstuhl nach oben transportieren. Zuvor aber strebten wir dem Ausgang zu, um vor der Türe noch eine miteinander zu rauchen, weil das hat mich blöder Weise auch wieder eingeholt. Anschließend fuhr mich Erik den weiten Weg nach Ebene 18…
Fortsetzung folgt im Teil 56