Nach unserer Rückkehr aus Amerika war es hier in Wien ganz ordentlich heiß, und das berichteterweise seit einiger Zeit. Eh gut, weil zuletzt in Chicago haben wir ein bisschen gefroren.
Was also tut man? Wenn man gescheit ist, wartet man das Ende der Hitzeperiode in der kühlen Wohnung ab. Nicht so die beste Sissi von allen und ich samt Jago. Nach einer kurzen Jetlag-Nacht hurtig ein paar Sachen aus den Koffern geräumt, begaben wir uns sofort in unseren Kleingarten, um dort wunderbar zu schwitzen.
Alles war wie gewohnt, die Wiese schön braun, und die Blumenpracht nicht wirklich prachtvoll. Jago benahm sich wie immer, betrat die Terrasse nicht und beäugte misstrauisch von der Weite seine Feinde, nämlich die Markise und die Sonnenschirme. Danach sahen wir ihn den ganzen Tag nicht mehr. Hatte er früher die Angewohnheit, wie ein Verrückter im Kreis zu rennen – zuerst die Wiese, dann um das Häuschen herum, immer und immer wieder, so war es ihm diesmal offensichtlich zu heiß und er suchte lieber hechelnd seinen Lieblingsplatz auf, eine kühle Ecke unter den Thujen. Er ist nämlich, wie ich zu sagen pflege, narrisch aber nicht teppert. Auf den gewohnten Mittags-spaziergang wurde temperaturmäßig verzichtet, der Hund ließ sich nicht blicken.
Erst am Abend, als die Sonne schon tief stand, kam er hervor und verbellte uns, weil seine Spielzeit war. Es war zwar immer noch schön heiß bei über 30 Grad im Schatten, aber wenn´s Zeit ist, ist´s Zeit. Wie gewohnt ließ er sich nicht einfangen und die Leine anlegen, sondern rannte wie verrückt bei der offenen Tür hinaus den 21er Weg hinauf und um die Ecke bis zum Ende. Üblicherweise erwische ich ihn dort beim Ausgang zum parkähnlichen Gelände, aber nicht diesmal. Kaum aufgesperrt lief er an mir vorbei auf die Wiese und war nicht zu erwischen. Weil unsere übliche Runde über die Alaudagasse führt und mich Jago zwar aus der Distanz fest verbellte, aber nicht nahe genug kam um ihn anzuleinen, traute ich mich dort nicht zu gehen, immerhin fahren ja viele Autos. Also zurück in die Gartenanlage und zum Garten, Jago immer hinter mir mit ihm ausreichend erscheinendem Abstand. Sissi wartete schon und rief nach ihm, aber er wollte partout nicht folgen – Hitzekoller oder ließ er wieder einmal den Dackel in sich heraushängen?
Kreativ wie sie ist, hatte Sissi den genialen Einfall – unser Hund ist leidenschaftlicher Autofahrer und würde es sich nicht entgehen lassen, bei der geöffneten Rücksitztür hineinzuspringen. Also schnappte sie sich den Schlüssel, marschierte zum Parkplatz und lockte ihn mit dem ihm geläufigen Kommando „Hoppi!“. Prompt reagierte Jago situationselastisch, sprang ins Auto, kam jedoch nicht dazu, es sich gemütlich zu machen – weil er angeleint brav hinter seiner Chefin zum Garten zurücktrottete, als wäre nichts geschehen.
Ob Jago auf diesen Schmäh ein weiteres Mal hereinfallen wird, bleibt abzuwarten.
Werner Simon, 8.9.2015