Jago – ein Lernprozess oder scio nescio

Seit Jagos Eintritt in unser Familienrudel hatten wir den dringenden Verdacht, von der Hundeerziehung nichts zu wissen, geschweige denn, sie zu verstehen. Natürlich hatten wir uns in einschlägige Literatur vertieft, uns aber – jedenfalls was mich betrifft – vor allem mit den positiven Aussagen beschäftigt. Etwa „des Menschen bester Freund“, „treuer Weggefährte“, „unermüdlicher Spielkamerad“ waren die Stehsätze, denen man immer wieder begegnet, vielen Dank. Anderes wurde lesemäßig geflissentlich überflogen, die Selektivität der Informationsaufnahme feierte fröhliche Urständ. Dabei wäre vieles Nichtgelesene wirklich wichtig gewesen, hat sich weitgehend als richtig und richtungweisend erwiesen. Mittlerweile sind wir alle gescheiter, wissen wie es geht, aber halten wir uns an die weisen Ratschläge?
Zwei Hundetrainerinnen haben wir in der Zwischenzeit bemüht, beide waren in ihren Ratschlägen weitgehend ident, beide haben sich für Jago Zeit genommen, sich mit ihm beschäftigt, beide wurden von ihm sofort akzeptiert. Wir haben gelernt, dass antiautoritäre Erziehung nicht funktioniert, nicht einmal partnerschaftlich geht es. Ein Hund braucht genaue Anweisungen und Aufträge, sonst ist er orientierungslos wie Rudi Ratlos. Über das enorme Hörvermögen und das „millionenfach“ bessere Nasenorgan haben wir schon Bescheid gewusst; dass Hunde die Farbo rot schlecht erkennen und am besten Objekte in Bewegung wahrnehmen, war nicht ganz neu für uns. Jetzt weiß ich auch, warum mich der Jago zuletzt sieht, auch wenn ich nicht rot angezogen bin.
Faktum ist, dass unser Hund unter erschwerten Bedingungen lebt. Erstens hat er vier Bezugspersonen, auf die er hören soll, und zweitens hat er mehrere Wohnorte, an die er sich gewöhnen muss – die Wohnung, den Garten und mittlerweile auch Reginas neues Heim, in das sie demnächst übersiedeln wird, und in das sie ihn schon ein paar Mal mitgenommen hat.
Die Rangordnung im Rudel hat sich schon eingespielt – an erster Stelle steht Regina, Zweiter ist Erik, der vor allem als Spielkumpel angesehen wird, dann kommt die beste Sissi von allen, und dann kommt lange nix, ehe ich an der Reihe bin, falls ich mich bewege. Trösten mag mich, dass ich wenigstens als Hauptgassigehführer anerkannt werde, und es kommt sogar schon vor, dass er sich mir in der Hoffnung auf ein Schmankerl nähert (Anmerkung: der allgemein übliche germanisch/ /teutonische Ausdruck „Leckerli“ ist mir zuwider, dennoch ertappe ich mich dabei, ihn zu verwenden, so weit samma schon!).
Fest steht, dass alle von uns so ziemlich alles falsch gemacht haben, was man falsch machen kann,
und teilweise sind wir auch beschränkt lernfähig, weil wir immer noch genug Fehler machen, über die ich mich im Detail nicht verbreitern will, um mich nicht der Lächerlichkeit preiszugeben.
Bevorstehende Bedrohungen sind einerseits die Tatsache, dass mit Regina der Hauptrudelführer abhanden kommen wird, und andererseits der herannahende Winter, der mit Wasser in verschiedenen Aggregatzuständen einherkommen wird, und Wasser ist dem Jago ein Greuel, bei Regen verweigert er sogar, sich von den Endprodukten seines Stoffwechsels zu verabschieden.
Es bleibt spannend, gelegentlich werde ich berichten.

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